Bäume versorgen uns mit lebenswichtigem Sauerstoff, sind Lebensraum, Nahrungslieferanten und wichtige Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel, da sie CO2 binden und somit dem Treibhauseffekt entgegenwirken. Jeder Baum ist dabei wertvoll und schützenswert. Text: Elke Papouschek
Text: ELKE PAPOUSCHEK
Große, ausgewachsene Bäume beeinflussen mit ihren enormen Blattmassen das Mikroklima maßgeblich und tragen zu unserem Wohlbefinden bei. Sie wirken als natürliche Klimaanlage, geben Sauerstoff an ihre Umwelt ab, filtern Feinstaub und Schadstoffe und leisten einen wichtigen Beitrag zum Wasserrückhalt bei Starkregen.
Kraftwerk und Ruhepol. Laut Forschungen der niederländischen Universität Wageningen entspricht die Kühlleistung eines großen Baumes 20 bis 30 Kilowatt, das ist etwa so viel, wie zehn Klimaanlagen leisten. Auf von Bäumen beschatteten Oberflächen ließ sich eine Temperaturreduktion um 12 – 20 °C messen. Besonders in Städten können daher durch eine strategisch kluge Grünraumplanung Hitzeeffekte gemildert werden. Bäume sind aber nicht nur grüne Kraftwerke, sie stellen auch einen wertvollen Lebensraum für unzählige Lebewesen dar, denn sie bieten Nahrung, Unterschlupf, Nistmöglichkeit, Überwinterungsquartier und Schutz. Dazu kommt die Schönheit der Bäume im Laubaustrieb, mit Blüten, Früchten und Herbstfärbung, ihre Größe, Kraft und Beständigkeit. Ihr Anblick und ihre Anwesenheit lassen uns zur Ruhe kommen und Erdung finden. Wir spüren instinktiv, dass Bäume uns gut tun. Und das ist auch belegt: Die vielfältigen Sinneseindrücke im Wald stimulieren die Aktivität des Parasympatikus, einem wichtigen Teil unseres Nervensystems. Er wird auch als „Ruhenerv“ bezeichnet, weil er bewirkt, dass die Herz- und Atemfrequenz abnimmt. Unter seinem Einfluss tritt Entspannung und Regeneration ein. Der Aufenthalt im Wald kann in depressiven Situationen und bei psychischen Stressbelastungen helfen. Er stärkt aber auch unser Immunsystem, und kann uns vor Erkrankungen schützen.
Soziale Wesen. Bäume sind faszinierende Lebewesen mit einem reichen Sozialleben. Der Intelligenz und dem komplexen Zusammenspiel der Bäume untereinander sind wir Menschen aber erst ansatzweise auf der Spur. Bäume kommunizieren durch den Austausch von Botenstoffen, den sogenannten „Terpenen“. Sie informieren einander damit über Angreifer und Schädlinge und rufen sogar Insekten zur Hilfe. Nach einer Studie der Nippon Medical School in Tokio soll das Einatmen dieser Terpene das menschliche Immunsystem stärken. Der Begriff „Shinrin-yoku“ bedeutet übersetzt „Waldbaden“ und ist eine japanische Tradition. Hier sind Waldbesuche sogar Teil der Gesundheitsvorsorge.
Damit Bäume wachsen und unser Klima positiv beeinflussen, brauchen sie gute Standortbedingungen. Hitze- und Trockenheitsstress setzt ihnen besonders zu. Die Eberesche, der Baum des Jahres 2023, zählt zu den robusten Baumarten.
Phänomen Photosynthese. Wachstum beruht auf Zellteilung – und dafür braucht es Energie. Pflanzen beziehen diese Energie aus Glucose, einer Zuckerart, die sie bei der Photosynthese gewinnen. Die Photosynthese ist der wahrscheinlich wichtigste biochemische Prozess auf der Erde, fällt dabei doch ein für Tiere und Menschen lebenswichtiges Abfallprodukt an, der Sauerstoff. Ihn geben die Pflanzen über die Spaltöffnungen ihrer Blätter an die Umgebung ab. Bei der Photosynthese wird Kohlendioxid, das die Pflanzen aus der Luft nehmen aufgespaltet und mit Hilfe der Energie des Sonnenlichtes und Wasser zu einem Einfachzucker, der Glucose zusammengesetzt. Sauerstoff fällt dabei als Nebenprodukt an.
Die wasserlösliche Glucose wird in andere Pflanzenteile transportiert und dient als Ausgangsstoff für die Bildung von Pflanzenbausteinen, zum Beispiel Cellulose. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Energielieferant für Stoffwechselprozesse. Bei einer Überproduktion bilden viele Pflanzen aus den Zuckermolekülen Stärke und lagern diese als Energiereserve in Knollen und Samen ein. Damit sorgen sie für eine wichtige Nahrungsquelle für Menschen und Tiere, zum Beispiel in Form von Kartoffelstärke oder Weizenmehl.
Wenn die Blätter fallen. Der Prozess der Photosynthese läuft in den Chloroplasten der Blätter ab. Diese sind ein Bestandteil der pflanzlichen Zelle und enthalten den Farbstoff Chlorophyll, der den Blättern ihre grüne Farbe verleiht und im Herbst mit der Blattverfärbung abgebaut wird. Was uns als farbenprächtiges Spektakel begeistert, hat für die Bäume einen lebenswichtigen Sinn: Wenn die Temperaturen fallen und der Boden gefriert, können die Wurzeln kein Wasser aufnehmen. Würde der Baum weiterhin über die Blätter Wasser verdunsten, wäre er bald vertrocknet. Mit den kürzeren Tagen wird aber auch die Lichtmenge geringer, die für die Photosynthese zur Verfügung steht. Deshalb reduzieren Pflanzen jetzt ihren Stoffwechsel auf ein Minimum, um zu überleben. Ehe die Bäume ihre Blätter abwerfen, verwerten sie deren wertvolle Bestandteile. Zuerst wird der grüne Blattfarbstoff Chlorophyll abgebaut, jedes Molekül davon zerlegt, in den Baum transportiert und als Vorrat gespeichert. Waren die roten und gelben Farbstoffe wie Carotinoide und Anthocyane zuvor vom Chlorophyll überdeckt, werden sie nun sichtbar und sorgen für die prächtige Verfärbung der Blätter. Später, wenn die Blätter braun und trocken geworden sind, hat sich zwischen Blatt und Zweig eine Korkschicht gebildet, die das Blatt abtrennt und mit dem nächsten Luftstoß zu Boden segeln lässt. Gleichzeitig schützt sie den Baum vor dem Eintritt von Krankheitserregern.
Wertvolles Laub. Am Boden angekommen, werden die Blätter zu Rohstoff und Lebensraum. Als Mulchschicht und mit etwas Reisig oder Erde bedeckt, dienen sie Boden und Pflanzen als Winterschutz, isolieren gegen frostige Temperaturen und schützen nicht nur Pflanzenknospen, Knollen und Blumenzwiebeln, sondern auch die für einen gesunden Boden unentbehrlichen Bodenorganismen. Bei der Verrottung führen sie dem Boden wichtige Nährstoffe zu und bilden wertvollen Humus. Im Frühling wird das angerottete Material auf den Beeten belassen oder kompostiert. Auch für Kübelpflanzen, die im Garten überwintern sollen, dient Laub als kostenloses Isoliermaterial. Größere Haufen aus Laub und Ästen sind nicht nur für Igel, sondern auch für Kröten und Molche, Spitzmäuse, Wald- und Haselmäuse, Blindschleichen und Laufkäfer ein Winterquartier. Im kommenden Gartenjahr helfen viele dieser Tiere bei der Eindämmung der Schnecken. Die Laubhaufen nimmt man im Frühjahr händisch auseinander, da Gabel oder Rechen ein Tier verletzen könnten. Was dann noch an Laubmengen übrig ist, wird im Kompost zu neuem Humus.
Stressfaktor Klimaerwärmung. Bäume wachsen nicht von heute auf morgen in den Himmel, sondern brauchen dafür viel Zeit und gute Standortbedingungen. Erhöhte Durchschnittstemperaturen und Niederschlagsmengen, Trockenheit, Stürme, Spätfröste und neue, eingewanderte Schädlinge und Krankheiten stellen für sie große Stressfaktoren dar, schwächen ihre Vitalität und erhöhen ihre Anfälligkeit. Durstende Pflanzen verdunsten natürlich auch weniger Wasser als gut versorgte. Entscheidend sind neben dem Ausmaß der Klimaveränderung in erster Linie die Standortverhältnisse: Unverdichtete Böden, ausreichend Wurzelraum, gute Wasserversorgung und ein Leben ohne Streusalz sind eine gute Basis für ein langes Baumleben. Auch die Wahl der richtigen Baumart für den jeweiligen Standort ist ein entscheidender Faktor und will gut überlegt sein, denn nur dann gedeihen die Bäume gut und bleiben über Jahrzehnte hinweg gesund. Mit dem „Natur im Garten“ Onlinetool willBAUMhaben.at finden Sie den passenden Baum für Ihren Standort. Beim Kauf sollten vorrangig regionale Gärtnereien und Baumschulen gewählt werden. So ist Ihr Baum bereits in der Nähe seines Bestimmungsortes aufgewachsen und an Klima und Boden bestens angepasst.
Bewusstsein schaffen. Bis ein neu gepflanzter Baum seine wertvollen Eigenschaften voll ausspielen kann, vergehen viele Jahre. Eine 100-jährige Buche trägt bis zu 150.000 Blätter mit einer Blattoberfläche von 1.200 m2, bei einem Kronenvolumen von 4.000 m3. Sie verdunstet an einem Sonnentag bis zu 400 l Wasser und produziert etwa 13 kg Sauerstoff. Müsste man den Wert eines solchen Baumes ersetzen, wären 2.000 junge Bäume mit einer Kronenfläche von etwa einem Quadratmeter zu pflanzen. Kauf und Pflanzung dieser stattlichen Anzahl würde mit rund 250.000 Euro zu Buche schlagen plus der Fläche, die dazu gebraucht wird. Und dann müssen von all den Jungbäumen auch noch alle überleben. Grund genug, sich sehr genau zu überlegen, wie wir mit großen alten Bäumen umgehen und ihnen den Stellenwert geben, den sie verdienen.
Kreislauf. Selbst ein abgestorbener Baum ist noch kostbar. Jedes Stadium der Zersetzung wird von Lebewesen genutzt und hier geht nichts verloren: Von Spechten und Fledermäusen, die im Totholz wohnen, über Käfer und andere Kleinlebewesen, die sich von seiner Substanz ernähren, bis hin zu den Pilzen, die Holz und Rinde zersetzen, damit daraus neuer Humus entstehen kann. Wer Totholz im Garten liegen lässt, sorgt also dafür, dass der Baum seine wertvolle Arbeit zu Ende bringen kann und der Kreislauf des Lebens von neuem beginnt.
Die Eberesche, auch Vogelbeere genannt, ist der österreichische Baum des Jahres 2023. Widerstandsfähig und robust gedeiht sie auf nassen wie trockenen, auf nährstoffreichen wie -armen Böden und wird seit über 2.000 Jahren in der Kunst, Kultur, Mythologie, Medizin sowie in der Holz- und Forstwirtschaft genutzt. Charakteristisch sind die leuchtend orangen Früchte. Mit 63 nachgewiesenen Vogelarten bietet die Eberesche von allen mitteleuropäischen Gehölzen den meisten Vogelarten Nahrung. Jetzt ist Pflanzzeit!
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