Energiewende bedeutet weg von fossilem Gas und Öl hin zu erneuerbaren Energieträgern wie Photovoltaik, Windkraft, Biomasse oder Wasserkraft. Das bringt Wertschöpfung in die Regionen, macht uns unabhängiger von Energieimporten und schützt unser Klima. Am Weg zur erfolgreichen Energiewende zählt NÖ zu den Spitzenreitern. Auf den Erfolgen ausruhen dürfen wir uns aber nicht, denn es liegen noch weitere Anstrengungen vor uns.
Text: JOSEF FISCHER, THOMAS KOISSER
Die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher haben Geschmack an der eigenen Stromproduktion gefunden. Allein im Jahr 2022 wurden in unserem Bundesland knapp 15.000 Photovoltaik (PV)-Anlagen neu errichtet. Das ist ein Rekord, der durch großzügige Förderungen, neue Betreibermodelle und die Energiekrise aufgrund des Ukraine-Krieges erreicht wurde. Insgesamt versorgen uns im ganzen Bundesland über 70.000 PV-Anlagen mit sauberem Strom. Niederösterreich liefert ein Viertel des gesamtösterreichischen PV-Stromes.
100 % Strom aus Erneuerbaren. Seit 2015 kann Niederösterreich seinen Strombedarf durch Wind- und Wasserkraft sowie Photovoltaik und Biomasse sogar bilanziell vollständig aus erneuerbaren Energien decken. Das ist bis heute so geblieben, obwohl der Stromverbrauch seither um 15 Prozent zugenommen hat.
Fossile verstärken Klimakrise. Gesamt betrachtet (Strom, Wärme und Mobilität) stammen jedoch noch immer fast zwei Drittel unserer Energie aus fossilen Energieträgern, allen voran Erdgas und Erdöl. Vor allem unsere Mobilität ist beinahe vollständig von fossilen Treibstoffen abhängig. Auch im Wärmebereich spielen fossile Energien noch eine zu große Rolle. Diese Abhängigkeit ist aus mehreren Gründen problematisch: Einerseits ist die Verbrennung fossiler Energieträger und der damit verbundene Kohlendioxid-Ausstoß ein Hauptverursacher der Klimakrise. Andererseits sind wir von Energieimporten abhängig, wie uns der russische Angriff auf die Ukraine dramatisch vor Augen geführt hat. Das gefährdet unsere Versorgungssicherheit und hat uns zu Passagierinnen und Passagieren einer Preisrallye gemacht, wie wir sie noch nicht erlebt haben: Zwischen Oktober 2020 und Oktober 2022 ist der österreichische Gaspreisindex um das 23-fache gestiegen und erreichte damit ein Allzeithoch. Bund und Land mussten viel Geld aufwenden, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen zumindest teilweise abfedern zu können.
Mit erneuerbarer Energieproduktion im eigenen Land können wir die Kontrolle über unsere Energieversorgung ein Stück weit zurückgewinnen.
Arbeitsplätze durch grüne Jobs. Extreme Preisausschläge können durch saubere Energie produziert in NÖ zukünftig verhindert werden. Die enormen Ausgaben für fossile Energieimporte in Höhe von 27 Milliarden Euro im Jahr 2022 würden Großteils im Land bleiben und können zur inländischen Wertschöpfung beitragen. Die Energiewende wirkt sich auch positiv auf den Arbeitsmarkt aus: 2020 gab es in Niederösterreich knapp 33.000 Arbeitsplätze im Umweltsektor, sogenannte Greenjobs.
Österreich von Klimakrise hart getroffen. Ein dekarbonisiertes Energiesystem trägt auch zur Lösung einer der größten gesellschaftlichen Herausforderungen bei: der Klimakrise. Sie bedroht unsere Lebensgrundlagen, ihre Auswirkungen sind deutlich spürbar und menschengemacht.
13 der 14 wärmsten Jahre aus fast 140 Jahren Messgeschichte traten nach dem Jahr 2000 ein. Der Anstieg der Durchschnittstemperaturen trifft Kontinentaleuropa und damit auch Österreich besonders hart. Extreme Wetterereignisse werden immer häufiger. Die Bundesregierung hat sich daher vorgenommen, bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen, was bedeutet, unsere Emissionen fast auf null zu senken. Ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern in allen Bereichen ist dafür notwendig.
Nachhaltig mobil. Im Mobilitätsbereich gilt erneuerbarer Strom als der große Hoffnungsträger: Mit ihm können Elektroautos mit deutlich weniger Emissionen betrieben werden. Darüber hinaus sind Elektromotoren im Vergleich zu Verbrennungsmotoren wahre Effizienzwunder: Ein Elektroauto braucht nur ein Drittel der Energie von Diesel- und Benzinfahrzeugen. Die Aussichten für die Elektromobilität stehen derzeit gut: Im Jahr 2021 gibt es bei PKWs erstmals einen Rückgang bei den Bestandszahlen der fossilen Antriebe, während der Bestand an Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen deutlich steigt. Aktuell wird auch am ISTA (Institute of Science and Technology Austria) an Batteriespeichersystemen ohne seltene Erden, das sind besonders wertvolle Rohstoffe, geforscht und gearbeitet.
Erneuerbar heizen. Auch im Raumwärmebereich spielen fossile Energieträger eine Rolle. Mit über 200.000 Gas- und ca. 90.000 Ölheizungen sind sie für einen wesentlichen Anteil unserer Kohlendioxidemissionen verantwortlich. Mit Wärmepumpen, Pellets, Holz und über 800 Nahwärme-Anlagen (Tendenz steigend) gibt es gerade hier nachhaltige Alternativen. Der Nachfrageboom bei der Förderung für den Tausch eines fossilen Heizsystems stimmt zuversichtlich: Im Jahr 2022 wurden allein in NÖ mehr als 11.000 fossile Heizungen getauscht – ein neuer Rekord.
Multitalent Strom. Erneuerbarer Strom ist für alle Anwendungen einsetzbar und deshalb der Energieträger der Zukunft. Wir können ihn im eigenen Land produzieren und unsere Fahrzeuge und Heizungen sparsamer betreiben. Aus diesem Grund hat sich Niederösterreich noch größere Ziele beim Ausbau erneuerbarer Energieproduktion gesetzt:
Diese nachhaltig produzierte Strommenge entspricht dann deutlich mehr als dem derzeitigen Jahresverbrauch. Mehr sauberer Strom ist auch nötig, um die Energiewende zu schaffen.
Sonne und Wind nutzen. Wer jetzt glaubt, dieser enorme Zuwachs würde auch einen gleich hohen Zuwachs an Windrädern bedeuten, liegt falsch: Aufgrund der Erneuerung bestehender Anlagen durch Windkrafträder der modernsten Generation, dem sogenannten Repowering, muss die Anlagenzahl nur um weniger als ein Drittel ansteigen. Bei Photovoltaik werden neben klassischen Dachanlagen auch neue Formen, wie z. B. Freiflächenanlagen, nötig sein. Sowohl für den Wind- als auch den PV-Ausbau braucht es daher behutsame Planung, weshalb NÖ Zonen dafür vorgibt.
Gemeinsam! Die Energiewende zu schaffen geht nur gemeinsam. Auch wenn wir langfristig alle davon profitieren, zum Beispiel durch günstigen PV-Strom oder niedrige Heizkosten, sind die Anfangsinvestitionen für Menschen mit angespannter finanzieller Situation nur schwer zu stemmen. Deshalb greifen Bund und Land unter die Arme, wie zum Beispiel mit der Heizkesseltausch-Förderung. Darüber hinaus stellt das Land NÖ über die Energieberatung NÖ auch Knowhow zur Verfügung. Die Energieberaterinnen und -berater helfen dabei, die richtige Entscheidung zu treffen und die Maßnahmen mit dem besten Kosten/Nutzen-Verhältnis auszuwählen (siehe Seite 12).
Teil der Wende werden. Durch neue Beteiligungsmöglichkeiten kann man aber auch mit geringem finanziellen Aufwand Teil der Energiewende werden. Eine Möglichkeit ist die Beteiligung an einem PV-Beteiligungsprojekt für Bürgerinnen und Bürger: In über 125 niederösterreichischen Gemeinden gibt es bereits solche Modelle und es werden laufend mehr. Ziel der Projekte ist es, dass sich Private finanziell an der Anlage beteiligen und als Gegenleistung von den Betreibenden eine Verzinsung oder Warengutscheine erhalten.
Erneuerbare Energiegemeinschaften. Zusätzlich gibt es seit knapp zwei Jahren die Möglichkeit sich an Erneuerbaren Energiegemeinschaften zu beteiligen. Hier kann man innerhalb einer regionalen Gemeinschaft über Grundstücksgrenzen hinweg gemeinsam Energie produzieren und verbrauchen. Neben dem regionalen Selbstversorgungsgedanken führt dies meist auch zu Kostenreduktionen.
Herausforderung Wende. Die Klima- und Energiewende ist die wohl größte gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Einen Teil des Weges sind wir bereits gegangen. Nun müssen wir weiter konsequent vorgehen und unsere Stellung als Innovationsland im Bereich der Erneuerbaren Energien beibehalten – für uns als Gesellschaft und für den Wirtschaftsstandort Niederösterreich.
Elektrischer Strom ist für unsere moderne Gesellschaft so etwas wie ein Flaschengeist – ein Alleskönner, der vielseitig und effizient eingesetzt werden kann. Außerdem können wir ihn mit Wind-, Wasser-, Sonnen- und Biomassekraftwerken im eigenen Land herstellen, weshalb er uns unabhängiger von Energieimporten macht. Wichtig dabei ist, dass das Angebot an Strom zu jedem Zeitpunkt dem Verbrauch an Strom entspricht. Da Wind- und Sonnenstrom vom Wetter abhängig sind, kann es sein, dass manchmal sehr viel und manchmal sehr wenig produziert wird. Um das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage wiederherzustellen, braucht es in Zukunft mehr Intelligenz im Stromsystem, indem etwa Verbraucher je nach Wetterlage früher oder später eingeschaltet werden. Auch neue Energieumwandlungs- und Speichertechnologien werden entstehen, wie bspw. Wasserstoffelektrolyse, die in Zeiten hoher erneuerbarer Stromproduktion die Energie in Wasserstoff speichern kann. Die Energiewelt der Zukunft wird eine andere sein, als wir sie in den letzten Jahrzehnten kennengelernt haben. Viele Innovationen und damit Chancen für NÖ warten auf uns!
Ein nachhaltiger Ausbau unserer Energieversorgung benötigt sorgsame Planungsprozesse. Der Grundstein dafür sind die sektoralen Raumordnungsprogramme des Landes NÖ. Für unsere Erneuerbaren Ausbauziele brauchen wir neben Dächern für PV-Anlagen auch Flächen für PV- und Windkraftwerke. Diese Flächen sind umsichtig und in Abwägung verschiedener Interessen auszuwählen. Deshalb wurde bereits 2014 für Windkraft sowie 2022 für Freiflächen-Photovoltaik ein „sektorales Raumordnungsprogramm“ beschlossen, wobei die Windzonierung gerade novelliert wird. Darin sind definierte Zonen vorgegeben, in denen Gemeinden Freiflächen-PV-Anlagen größer als zwei Hektar und Windkraftanlagen widmen dürfen. Dazu wurden viele Faktoren berücksichtigt, wie zum Beispiel Naturschutzflächen, Wildtierkorridore, Abstandsregelungen zu Gebäuden oder das Landschaftsbild. Aktuell stehen für die Windkraft rund 1,5 % und für Photovoltaik ca. 0,07 % der Landesfläche zur Verfügung. Trotz Zonierung sind Projekte aber nach wie vor genehmigungspflichtig. So benötigen Windparks standardmäßig eine positive und individuelle Umweltverträglichkeitsprüfung. Nähere Informationen zu den überörtlichen Raumordnungsprogrammen sind unter www.raumordnung-noe.at verfügbar.
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www.energie.noe.at
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