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Nachgefragt

 

Wo Österreich in Sachen Kreislaufwirtschaft aktuell steht, worauf es künftig ankommt, wie Bürgerinnen und Bürger eingebunden werden können und wie die Bäckerei Lechner aus NÖ bereits erfolgreich da- ran arbeitet, erläuterte Expertin Mag.ª Karin Huber-Heim, Executive Director des Circular Economy Forum Austria im Gespräch mit Umwelt & Energie.

Text: Silvia Osterkorn-Lederer

 

U&E: Liebe Frau Huber-Heim, danke, dass Sie sich heute Zeit nehmen. Zum Einstieg: Können Sie uns den Begriff Kreislaufwirtschaft erklären und verraten wie er mit den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit zusammenhängt? 

KHH: Kreislaufwirtschaft ist etwas das wir Menschen eigentlich schon immer konnten und auch schon immer gemacht haben. Nämlich aus jedem Material das Maximum rauszuholen. Unabhängig davon, ob es sich um einen nachwachsenden Rohstoff handelt oder nicht. Denn Materialien, die wir angebaut oder abgebaut haben, sind kostbar. Dieses Verständnis scheint in den letzten 40 Jahren der Industrialisierung aber verloren gegangen zu sein. Heute gilt: je mehr desto besser. Das war die Erfindung des Konsumismus: immer mehr haben, immer schneller ersetzen, immer wieder Neues kaufen – und sich des „Alten entledigen“. So sind Berge von Abfällen entstanden, die irgendwo auf der Welt einfach übriggeblieben sind. Nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ wurden sie zum Teil vergraben bzw. heute zur Energieproduktion genutzt (also thermisch verwertet).

Heute, in Zeiten von hohen Energiekosten, fällt aber auch verstärkt auf, dass man viel Energie benötigt, um Dinge thermisch zu verwerten, oder zu schreddern, zermahlen und zerkleinern. Häufig sind die dabei gewonnenen Sekundärrohstoffe, wie z. B. Granulate, nicht mehr gut geeignet, um wieder zu hochwertigen Produkten verarbeitet zu werden. Wir müssen uns eingestehen, dass wir uns diese Probleme selbst geschaffen haben durch zu hohen Ressourcenverbrauch, problematischen Anbau und Abbau, der mit Umweltschäden einhergeht. Durch unseren Lebensstil, der stark durch Konsumieren und Wegwerfen geprägt ist, wurden Umwelt- zu Klimathemen und damit auch zu gesellschaftlichen Themen. Es versteht sich von selbst, dass qualitativ hochwertige Dinge zu kaufen, sie gut zu pflegen (waschen, reinigen, repa-rieren, …) und lange zu verwenden, ein ebenso gutes Leben ermöglicht, wie bisher während gleichzeitig weniger Ressourcen eingesetzt werden und weniger Abfall produziert wird. In den letzten 30 – 40 Jahren war das „viel konsumieren“ ganz normal. Das Vermarkten schnelllebiger Produkte, entstanden in, teil-weise auch ausgelagerter, billiger Produktion waren und sind „normal“ und uns wurde vermittelt, dass nur das Verbrauchen unseren Wohlstand definiert und erhält. Dieses System ist aber kein Naturgesetz, es stammt aus der Nachkriegszeit, wo es wichtig war, um die Wirtschaft wieder aufzubauen.  

 
Mag.a Karin Huber-Heim

Mag.a Karin Huber-Heim

 

U&E: Also irgendwie geschichtlich gewachsen? 

KHH: Ja damals lag alles darnieder, es war wichtig die Wirtschaft rasch wieder auf ein hohes Niveau zu bringen. Aber in den 90er Jahren hatten wir eigentlich ein Plateau erreicht und wir sehen heute dass es aufgrund von Ressourcenerschöpfung und daraus entstehender Konflikte nicht möglich sein wird, dieses System bis ins Unendliche weiterzufahren. Jetzt wir müssen lernen, den Wohlstand, den wir geschaffen haben, zu erhalten. Dazu braucht es jetzt andere wirtschaftliche Strategien und Rahmenbedingungen, mit denen das möglich wird – für Unternehmen, aber auch für die Gesellschaft. Eine gute Lösung dafür ist es, die Bürgerinnen und Bürger vom Verbraucher zum Gebraucher werden zu lassen und Betriebe zu haben, die durch ihre Geschäftsmodelle Angebote dafür schaffen.

 

U&E: Können Sie uns einen Überblick geben, wo Österreich aktuell steht? 

KHH: Eigentlich ganz am Anfang, so wie alle anderen hochentwickelten und reichen Industrieländer auch. Aber wir haben im Gegensatz zu vielen anderen Ländern eine sehr gute und hochentwickelte Abfallwirtschaft. Das ist zweifellos etwas Gutes, aber es behindert die Entwicklung hin zu einer echten vollwertigen Kreislaufwirtschaft vielleicht auch ein wenig, da es uns das Wegwerfen vereinfacht. Was man nicht mehr braucht verschwindet, während etwa in anderen Ländern die Müllthematik wesentlich präsenter ist.  Grundsätzlich sind wir in Österreich aber damit immer noch im linearen System, wir bauen an und ab und schonen Materialien noch viel zu wenig. Wir überlegen noch zu wenig, wie lange Dinge/Rohstoffe genutzt werden und vor allem was am Ende damit passiert. Teilweise landen sie im Recycling – damit fühlt sich die/der Konsumierende dann schon gut. Aber nicht jedes Material kann gut recycelt werden bzw. wie schon erwähnt, braucht das häufig große Mengen an Energie. Es gibt Materialien, die sich zum Recycling sehr gut eignen und in hoher Qualität recycelt werden können – sogar so gut, dass sie wieder mit dem gleichen Wert eingesetzt werden können, wie etwa Glas oder Aluminium. Andere, wie etwa viele Kunststoffe oder der Großteil der heutigen Textilien, bestehen aus Misch-Materialien, hier ist es fast unmöglich zu REcyceln, da passiert dann vielmehr DOWNcycling. Auf der R-Skala der österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie findet man das Recycling am Ende der Skala, an deren Anfang, Refuse, Rethink und Reduce stehen. Also? „Weglassen was nicht gebraucht wird “ oder auch „e Service statt Produkt“. „Weniger ist mehr.“ Es geht darum, den Wert von Materialien neu zu denken und sie so lange und intensiv zu nutzen wie möglich: „Kann das Produkt vielleicht von mehreren Menschen gemeinsam verwendet werden?“ „Kann es anders weitergenutzt werden?“ oder „wie kann die Lebensdauer verlängert werden?“.

Ich brauche zum Beispiel nicht zu jedem Einkauf eine eigene Tasche, ich brauche auch nicht immer eine Verpackung– es beginnt damit einfach mal alles zu hinterfragen und neu zu denken – das ist heute Fortschritt. Noch hat sich in Österreich in großem Umfang nicht so viel getan – das Wirtschaftsmodell ist generell noch linear. Das Neudenken von Systemen, Prozessen und Geschäftsmodellen – ein Neudenken von Produkten ist höchste Zeit.

 

U&E: Gibt es Vorreiter, die hier schon erfolgreich arbeiten? Vielleicht sogar aus Niederösterreich? Best Practice Beispiele? 

KHH: Ja, erst kürzlich habe ich auf einer Veranstaltung die Bäckerei Lechner aus Marbach an der Donau kennengelernt. Eine eher kleine Bäckerei hat als „Antwort“ auf Überschwemmungen angefangen neu zu denken: wie kann Resilienz gegenüber Krisen geschaffen werden, um Lebensmittelsicherheit herzustellen – garantiert verfügbare Rohstoffe und auch die sichere Versorgung mit Energie, die ja bei einer Bäckerei eine große Rolle spielt. Im kleinen Regionalladen wurde u. a. ein Automat für Pfand aufgestellt und das schon Anfang 2023. Außerdem wird sehr viel Wert auf Rohstoffe, wie u. a. Mehl, aus der Region gelegt. Zusätzlich verarbeitet die Bäckerei Brot- und Gebäckreste bzw. Desserts zu neuen Produkten, wie Punschschnitten oder auch Brot. Die Produktion erfolgt so, dass möglichst wenig übrigbleibt – es wird gut geplant. Fakt ist aber auch, dass nicht alle Produkte den ganzen Tag erhältlich sind – manchmal ist etwas halt ausverkauft. Reste werden zu „neuem Brot“ oder zu Bröseln weiterverarbeitet. Ähnliche Konzepte gibt es auch von anderen Bäckereien. Generell ist es halt leider häufig so, dass Konsumierende gerne immer das komplette Angebot haben wollen – bis in die Abendstunden – das wiederum sorgt für viel übriggebliebenes Brot. Die Bäckerei Lechner nimmt das aber in Kauf. Man ist der Meinung, dass man das Kundschaft zumuten kann, dass manches Produkt auch einmal ausverkauft sind und die Auswahl kleiner aus-fällt. Das wird von den Kundinnen und Kunden akzeptiert und ist auch ein Stück weit Konsumentenbildung!

Die Regionalität verkürzt die Lieferkette und macht sie auch sicherer – in den letzten Jahren konnten sehen, dass unterschiedliche Ereignisse, wie liegengebliebene Tanker, die Pandemie, die Energiekrise Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von wichtigen Materialien haben können. Der Energieverbrauch einer Backstube ist ebenfalls ein guter Ansatzpunkt, und auch ein Blackout-Szenario wird hier mitbedacht. Lösungen mittels Biomasse, PV-Anlagen und Co sind ökologisch sinnvoll und ebenfalls sicherer. Zusätzlich hat die Bevölkerung die Möglichkeit den Betrieb zu besuchen, um mit eigenen Augen zu sehen, wieviel Arbeit, Energie und Mühe in den Produkten steckt, und welchen Wert Lebensmitteleigentlich haben. Da wären wir wieder beim Thema, dass wir manches verlernt haben – auch das Wissen, wie viele Rohstoffe und Arbeitsschritte in Produkten liegen und welche Auswirkungen diese auf Menschen und Umwelt haben, ging immer mehr verloren in den letzten Jahrzehnten.

 

U&E: Verstehen alle den Begriff Kreislaufwirtschaft? Sie ist herausfordernd, aber bietet sie auch Chancen? 

KHH lächelt: Naja, das Thema ist präsent, aber ob es überall gleich verstanden wird, da bin ich nicht sicher. Wenn man fragt, ob es umgesetzt wird und wie, dann kommt oft: Wir trennen den Müll, geben nicht mehr Gebrauchtes zum Recycling.

Ich habe 14 Jahre lang Nachhaltigkeitsberatung gemacht und dabei erkennen müssen, dass echte Nachhaltigkeit nicht möglich ist, ohne das Konzept der Kreislaufwirtschaft. Denn wir können innerhalb des Unternehmens oder entlang der Wertschöpfungskette mal hier oder da etwas besser oder weniger schlecht machen – aber um einen echten Wandel zu Nachhaltigkeit gesamtgesellschaftlich und wirtschaftlich zu schaffen, braucht es mehr.

In Kreisläufen denken ist ein absolut wichtiger Hebel für die Nachhaltigkeit. Ein im Kreislauf denkender Anwender/Anwenderin soll der Kunde/die Kundin sein und für ihn/sie müssen Unternehmen Geschäftsmodelle entwickeln. Denn für ein Unternehmen gibt es eine zentrale Sache: die Kundschaft. Die Angebote entsprechend anpassen – dann nehme ich die Gesellschaft, die Mitarbeitenden mit, die ich ausbilde und einschule, warum das Thema fürs Unternehmen wichtig ist. Also das fällt unter die soziale Komponente der Nachhaltigkeit. Wer nachhaltig agiert im Unternehmen, dem sind alle Säulen gleichermaßen wichtig: ökologisch, ökonomisch und sozial. Diese Betriebe werden – wenn sie es wirklich ernst meinen – keine Arbeits- und Sozialrechte missachten. Und dabei wirtschaftlich erfolgreich sein.

Das Gebot der Stunde ist mit Ressourcen sorgfältig umzugehen. Heute kann ich mich als Unternehmerin/Unternehmer nicht mehr darauf verlassen, dass ich zu jeder Zeit günstig Rohstoffe aus China oder an-deren Ländern beziehen kann. Vor allem in politisch unruhigen Zeiten kann es schwierig werden und Lieferketten können unterbrochen werden. Stabile Lieferketten sind nicht immer gegeben, je kürzer – also regionaler – desto sicherer sind sie zumeist. Den Geschäftszweck so zu gestalten, dass die Zukunft den Werten und Wünschen der Gesellschaft entspricht, ist ein Muss. Umweltbedingungen, Gesellschaft und wirtschaftliche Bedingungen müssen sich ändern. Energie wird wahrscheinlich teuer bleiben, Kredite ebenso – wir müssen realisieren, dass wir in einer Periode sind, die sich von den letzten 40 Jahren stark unterscheidet. Früher hieß es Fortschritt, heute treten hier viele auf die Bremse. Wir müssen die Bequemlichkeit aufgeben und neu denken: Hirnschmalz verwenden und neue Ideen generieren.

 

U&E: Welche Ideen zum Beispiel? 

KHH: Es geht darum Leistungen zur Verfügung zu stellen, die die Menschen haben wollen und brauchen und sie vor allem auch leistbar zu machen. Reparatur-, Wartungs-, Erhaltungsservices, Sharing-Modelle, Pay-per-Use, …. Da gibt es vieles. Es braucht gute qualitätvolle Geräte, die lange halten und leistbar sind, sowie auch passende Serviceleistungen. Hier wurde z. B. durch den Reparaturbonus schon viel erreicht.

All das konnten wir schon einmal – hochwertige Dinge herstellen, zu fairen Preisen verkaufen und sie lange nutzen und reparieren. Bei der modernen Kreislaufwirtschaft ist ein besonders wichtiger Punkt, dass wir uns frühzeitig überlegen, was passiert, wenn mein Produkt das „Lebensende“ erreicht hat? Und dieses Lebensende sollte so spät wie möglich sein – das sei dazu gesagt. Es geht darum die darin verbauten Res-sourcen so lange wie möglich weiterzuverwenden. Diese Rohstoffe, die wir mit Aufwand und hohen Umwelt- und Sozialkosten bereits an-/abgebaut haben. Sie wollen wir erhalten, das bringt klimaschädliche Emissionen runter und wir brauchen dann auch weniger neues Primärmaterial. Das wir Sekundärroh-stoffe gut verwenden können, ist aber dafür Voraussetzung. 


U&E: Spielen da Innovationen und Digitalisierung eine Rolle? 

KHH: Ja auf jeden Fall. Durch Künstliche Intelligenz (KI) kann man zum Beispiel Unterstützung beim Produktdesign erhalten, sie kann Vorschläge für Materialien machen. Satelliten können uns zeigen, wo wir Materialien bekommen: Lager und Bestände anzeigen. IOT-Tracker (Anmerkung der Redaktion: IOT steht für Internet of Things also Internet der Dinge) können den Zustand des Materials bewerten und informieren auf welchem Teil der Welt es sich befindet. Wir bekommen durch die Technik Informationen über Reparaturen, Warenrücknahme oder Ähnliches.

Aber auch Partnerschaften unterstützen – gemeinsam mit der Digitalisierung – den Fortschritt. Kooperationen, das Teilen von Daten und Informationen, gemeinsam genutztes Know-How, Kompetenzen und vielleicht sogar Personal helfen richtige und dringend notwendige Kollaborationen aufzubauen. Dazu braucht es Vertrauen statt Konkurrenzdenken. Vor allem wenn es um Sekundärmaterialien geht, ist das wichtig. Denn wenn eine Ziegelfirma zum Beispiel nur „eigene Ziegel“ zurückholt, ist das ein unglaublicher Logistikaufwand. Es ist schlauer Bestände zusammenzuführen und zu verarbeiten, so wieder hoch-wertiges Ausgangsmaterial zu schaffen. Auch hier kann Energie eingespart werden, denn der Energieverbrauch soll reduziert werden und Energie effizient eingesetzt werden. Der Umbau des Energiesystems ist eine Generationenaufgabe denke ich. 


U&E: Ist auch die Kreislaufwirtschaft so eine Generationenaufgabe? Wie wichtig ist es denn die Konsumierenden zu informieren und das Bewusstsein zu schärfen? 

KHH: Wir wurden über Jahre zur Wegwerfgesellschaft trainiert: in den letzten 40 Jahren zeigten wir durch unseren Besitz, wer wir sind. Wir müssen klarstellen: du bist nicht, was du besitzt, sondern wie du lebst. Es gilt wegzukommen von unserem aktuellen ressourcen- und materialintensiven Lebensstil. Der systemische Umbau zu einer Kreislaufwirtschaft bedingt nicht nur die Mitarbeit der Wirtschaft selbst, sondern auch jene der Bevölkerung. Hier kann aber wiederum die Wirtschaft viel tun, indem sie Möglichkeiten schafft, die Dinge länger nutzbar zu machen, zu reparieren, sie zurückzunehmen (Stichwort: Pfand). Es wird dazu sicher Incentives und Werbung brauchen. Es muss einfach, cool, modern sein. Ich bin sicher, dass Unternehmen, Marketing und Verhaltensökonomie das hinbekommen! Ein gutes Beispiel ist etwa refurbed.at – hier werden aus gebrauchten Geräten einzelne Teile verwendet, mit anderen gebrauchten Teilen kombiniert und daraus ein neues Gerät hergestellt. Die Geräte sind preislich attraktiv, dank der guten Kommunikationsabteilung auch sehr beliebt, weil modern, cool, schick. ‚Refurbed Products‘ als neue Kategorie zwischen neu und gebraucht – eine Win-Win-Situation für Umwelt und Mensch. 


U&E: Gibt es noch weitere Beispiele, wo es schon gut funktioniert? 

KHH: Miele ist ein Gerätehersteller, der hochwertige Qualität bietet – die Geräte haben aber auch ihren Preis. In Holland kann man die Geräte mieten, man zahlt dann eine monatliche Miete oder zahlt z. B. pro Waschgang. Letzteres führt auch zu einer effizienteren Nutzung – lieber noch etwas warten und dafür eine volle Trommel waschen lautet dann die Devise. So wirkt sich das Modell auch positiv auf das Nutzungs-verhalten aus.

Ein Beispiel fällt mir noch ein: Mc Donalds hat – nachdem die Strohhalme aus Plastik verboten wurden – in einem ersten Schritt auf Papierhalme umgestellt. Also einfach das Material getauscht. Diese waren aber nicht beliebt bei den Konsumierenden. Daraufhin wurde das Thema erneut diskutiert: mit dem Ergebnis, dass man ja auch direkt aus dem Becher trinken kann. Jetzt wird damit auch noch Geld gespart. Manchmal sind Lösungen so nahe und sehr unkompliziert. Manchmal kann es ganz einfach sein. Und: oft ist weniger mehr. 


U&E: Was braucht es denn Ihrer Meinung nach noch, um die Kreislaufwirtschaft effizient umsetzen zu können? 

KHH: Aktuell wird der Konsum über den Materialdurchfluss gemessen und berechnet. Das heißt es wird – wenn die Kreislaufwirtschaft umgesetzt wird – sicher zu weniger Materialdurchfluss kommen und daher der Verbrauch sinken – nicht aber der Gebrauch und der damit verbundene gute Lebensstil. Dieser muss dann anders gemessen werden. Eine komplexe Materie. Die Entscheidungsträgerinnen und -träger aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft müssen sich hier ein neues System überlegen. Und den Bürger/die Bürgerin müssen wir mit den entsprechenden Angeboten versorgen – und das sollte möglichst einfach und bequem für sie ein. 


U&E: Abschließend noch: trauen Sie sich einen Ausblick zu geben, wie es weitergehen kann? 

KHH: Kreislaufwirtschaft ist gekommen, um zu bleiben. Globale Ressourcenknappheit und Konflikte darum gibt es bereits. Diese werden vor allem Europa, als eine eher ressourcenarme Region mit hohem Konsum, betreffen. Ein ‚weiter wie bisher‘ ist nicht mehr möglich. Diese sich ändernden Bedingungen müssen wir akzeptieren, gleichzeitig wollen wir den Wohlstand aufrechterhalten. Dazu müssen wir auch unsere Wirtschafts-, Export- und Wettbewerbsfähigkeit behalten, also sollte die Kreislaufwirtschaft von allen als gute Idee angesehen werden, denke ich. Und sie muss schnell umgesetzt werden! Ich bin überzeugt, dass wir genügend intellektuelles Potenzial bei den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern haben, dass sie erkennen, wie wichtig das Thema ist. Ziel ist, dass wir nicht hinterherhinken in Österreich, sondern die Zukunft aktiv angehen. Wir müssen wissen, wo unsere Stärken liegen, was zu tun ist und wo und was für uns gut ist. 


U&E: Vielen Dank für das spannende Gespräch. Auf Wiedersehen. 

KHH: Sehr gerne.

 

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FRAU MAG.ª KARIN HUBER-HEIM war 14 Jahre lang in der Nachhaltigkeitsberatung tätig, ist Inhaberin der Stadt Wien Stiftungsprofessur für Kreislaufwirtschaft und transformative Geschäftsmodelle und u. a. gefragte Key­Note­ Speakerin und Executive Director des Circular Economy Forum Austria, Österreichs größte unabhängige Multi­Stakeholder­Plattform zur Förderung der Kreislaufwirtschaft.

 
 

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