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Hausbau im Wandel

 

Klimaschutz ist auch beim Bauen ein großes Thema. Optimale Planung, minimaler Ressourceneinsatz und kluge Flächennutzung sind gefragt. Ökologische Baustoffe schonen die Umwelt und beeinflussen die Lebens- und Wohnqualität positiv.

Text: Elke Papouschek

 

Der Bausektor ist weltweit gesehen ein zentraler Hebel zur Erreichung der Klimaziele von Paris. Um seine Treibhausgasemissionen deutlich zu senken, ist die Umstellung auf klimafreundliche Bauweisen notwendig. Nachhaltige Baustoffe zeichnen sich durch kurze Transportwege und baubiologische Unbedenklichkeit aus. Für ihre Herstellung soll möglichst wenig Energie eingesetzt werden, die am besten aus erneuerbaren Quellen kommt. Vorzugsweise sind die Baustoffe der Zukunft aus nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen hergestellt, frei von Schadstoffen, wartungsfreundlich, langlebig und am Ende ihrer Gebrauchsdauer leicht zurückzubauen bzw. wiederverwendbar. Kennzeichnungen wie das Österreichische Umweltzeichen und Umweltdeklarationen wie der EPD (Environmental Product Declaration) für Bauprodukte machen diese nachhaltigen Eigenschaften sichtbar. Das hilft bei der Entscheidung in der Planung und beim Einkauf. 

Das Bauwesen in Österreich verursacht mehr als 50 % des Abfallaufkommens, 30 % des stofflichen Verbrauchs und 50 % des Energieverbrauchs. 

Holz, Stroh und Lehm. Holz wird seit Jahrtausenden als Baustoff verwendet. Heimisches Holz bedeutet kurze Transportwege und geringen Energieaufwand. Stroh fällt als landwirtschaftlicher Reststoff an und Strohballen gelten hier zulande als zertifizierter, energiearm erzeugter Baustoff. Sie können als Ausfachung in Holzriegelbauten verwendet werden oder auch als Bausteine, die dann direkt mit Lehm verputzt werden. Lehm ist bis heute ein besonders weit verbreitetes natürliches Baumaterial. Er entsteht aus verwittertem Gestein, das durch äußere Einflüsse umgebildet bzw. umgelagert wurde. Seine Bestandteile sind Ton, Schluff und Sand, wobei der Ton für die Bindekraft des Lehms sorgt. Das „Netzwerk Lehm“, der Fachverband zur Förderung des Lehmbaus sowie zur Vernetzung von Lehmbauschaffenden in Österreich bringt interessierte Personen und Unternehmen sowohl auf österreichischer als auch auf europäischer Ebene zusammen. Das Bauen mit Strohballen ist dank rascher Abwicklung und kostengünstigem Materialeinsatz konkurrenzfähig zu herkömmlichen, nicht ökologischen Bauweisen. Zusätzliche Zwischenlagen wie Dampfbremsen oder -sperren entfallen, weil der Lehm auftretende Feuchtigkeit auf- und abgeben kann. So profitieren Raumklima und Gesundheit vom Feuchteausgleich des hochwertigen Materials. 

 
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Die 2,8 m hohe Säule aus Flachsfasern wiegt nur 42 kg. Das Weidengeflecht nimmt die Zugkräfte auf, der Lehm den Druck. Innovative Bauweisen: Flachssäulen und gekrümmtes Holz.

 

Umweltfreundliche Wärmedämmung. Beim Dämmen gibt es nachwachsende Rohstoffe als Alternative zum Erdölprodukt Polystyrol (Styropor). Die Palette reicht von Holzfasern über Schafwolle und Hanf bis hin zum selten eingesetzten Seegras. Man muss aber auch festhalten, dass natürlichen Dämmstoffen für besseren Brandschutz, gegen Feuchtigkeit, Schimmel und Schädlinge oder zur Stabilisierung meist auch chemische oder künstliche Zusatzstoffe beigemischt werden. Es gibt auch Bereiche, in denen Naturmaterialien als Dämmstoff nicht widerstandsfähig genug sind, etwa bei der Außendämmung im Erdreichniveau und knapp darüber. Hier sind Schaumglasschotter oder Schaumglasplatten eine Alternative zu konventionellen XPS-Platten aus Polystyrol. Schaumglasschotter sorgt dabei für die Drainage und gleichzeitig die außenliegende Wärmedämmung gegen das Erdreich. Wenn unbedingt Polystyrolplatten zum Dämmen verwendet werden müssen, sollten sie frei von klimaschädlichen teilhalogenierten Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW) sein.

 

Alte Materialien neu gefertigt. Materialien, welche die Menschheit schon seit Jahrtausenden verwendet, können innovativ an heutige Anforderungen angepasst werden. Flachs, eine uralte Kulturpflanze, könnte so eine umweltfreundliche Alternative zum Beton werden, der neben Wasser, Sand und Kies vor allem Zement benötigt, der bei seiner Herstellung enorme Mengen an CO2 verursacht. Das Forschungsprojekt „ReGrow“ am Karlsruher Institut für Technologie beschäftigt sich mit der digitalisierten Produktion von Bauteilen aus schnell nachwachsenden regionalen Werkstoffen wie Weidenruten und Flachsfasern in großem Maßstab. Zum Einsatz kommen zwei speziell für nachwachsende Rohstoffe angepasste, robotergestützte 3D Fertigungsverfahren, das Weidenflechten und das Freiformwickeln. 

Hochstabile Leichtbautragwerke. Säulen aus nachwachsenden Flachsfasern werden in einem textilen Wickelverfahren mit Hilfe eines Industrieroboters hergestellt. Die lasttragenden Strukturen bestehen aus Flachsfasern, die in eine Kunststoffmatrix eingebettet sind. So sind sie gegen Umwelteinflüsse geschützt und verleihen den Säulen ausgezeichnete mechanische Eigenschaften bei gleichzeitig geringem Gewicht. Eine 2,8 m hohe Säule wiegt nur 42 kg und hält bis zu 3,5 t Druck aus. Sie kann schnell und energiearm transportiert und montiert werden. Dafür genügen zwei Personen, ein Kran ist nicht nötig. Der Wickelrahmen aus Stahl kann für die Produktion neuer Säulen weiterverwertet werden. Gemeinsam mit der nahezu abfallfreien Verarbeitung der Flachsfasern ermöglicht das geringsten Materialeinsatz. Sogar zwei- oder dreistöckige Gebäude aus den extrem stabilen Flachsfasern sollen einmal möglich sein. 

Innovative Entwurfsmethoden und Fertigungsprozesse machen Jahrhunderte alte Bauweisen zukunftsfit. 

Baustoff Weide. Im Gegensatz zu Bauholz, das vor der Verarbeitung energieaufwändig in Öfen getrocknet wird, lagern geschnittene Weidentriebe einfach einige Monate an der Luft. Dabei schrumpfen sie um etwa 40 % im Querschnitt. Anschließend werden sie wieder gewässert und in einer eigens dafür entwickelten Maschine zu einem Endlosstrang verarbeitet, der von einem Roboter zu einer korbähnlichen Schalungskonstruktion geflochten wird. Das Auffüllen der Zwischenräume mit Lehm gibt Stabilität: Die Weiden nehmen die Zugkräfte auf, der Lehm den Druck. Die Bauelemente aus Weiden und Lehm können nach dem Zusammenbau wieder gelöst, transportiert und an anderer Stelle eingesetzt werden. Zudem lässt sich der Lehm auswaschen und erneut verwenden. 

Gekrümmte Holzquerschnitte. Die Herstellung von gebogenen Holzelementen ist schwierig und verschwenderisch, mit einem hohen Aufwand an Material und Maschinen. In einem in Karlsruhe neu entwickelten Fertigungsprozess wird die gewünschte Krümmung durch elastisches Biegen ursprünglich flacher Elemente erzielt und eröffnet so neue Einsatzmöglichkeiten im Bauwesen: Werden mehrere einzeln gebogene Lamellen übereinander gestapelt und klebstofffrei miteinander verbunden, entsteht so ein tragfähiger gekrümmter Holzquerschnitt, z. B. ein Dach. An neuen, kreativen Ansätzen und ökologischen Baustoffen führt künftig kein Weg vorbei – wir brauchen sie für Klimaschonung, für eine nachhaltige Entwicklung und unsere Gesundheit und persönliches Wohlbefinden. 

Haus & Garten: Eine nachhaltige Bauweise schließt auch die Gestaltung der Außenflächen mit ein. 

Außenräume gestalten. Ein naturnaher Garten mit heimischen Gehölzen, Obstbäumen und -sträuchern, Kräutern und Gemüse in Mischkultur trägt zum Klimaschutz und zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Dazu gehört auch der Verzicht auf chemische Pestizide, auf leicht löslichen Mineraldünger und auf Torf zur Bodenverbesserung. Ein großer Laubbaum als natürlicher Schattenspender und Luftbefeuchter aber auch die Begrünung von Hausfassade und Dach schaffen ein angenehmes Mikroklima. Pult- und Flachdächer sind relativ einfach extensiv zu begrünen. Sie können Regen zurückhalten und langsam wieder an die Umgebung abgeben, und sie bewirken – ebenso wie begrünte Fassaden – kühlere Temperaturen im Haus. Bäume können mit ihrem Laub zwischen 60 und 90 % der Sonnenstrahlung absorbieren. Durch die Verdunstung über ihr Blätterdach sorgen sie im Sommer für angenehme Kühlung.  

Versickern lassen statt versiegeln. Offene Flächen lassen das Wasser auf natürlichem Wege versickern oder binden es so, dass es wieder für die Verdunstung zur Verfügung steht. Man kann aber auch ein bepflanztes Versickerungsbeet anlegen, das das zurückgehaltene Regenwasser wieder langsam an die Atmosphäre abgibt. Mit Hilfe von Tonnen und Tanks lässt sich Regenwasser für die Bewässerung gewinnen. 

Auf den Boden achten. Beim Hausbau sind Zeit und Budget knapp. Meist wird dem Haus die volle Aufmerksamkeit geschenkt, um den Garten will man sich später kümmern. Doch ist der Bagger einmal da, sind auch die Schäden am Boden schnell gegeben. Wer sich schon vor Baubeginn über die Gartenbereiche Gedanken gemacht hat, kann die Geländemodellierung gleich miterledigen und bringt das Bodenleben so nur einmal durcheinander. Mit dem Aushub des Kellers und des späteren Schwimmteiches kann etwa eine Böschung errichtet werden. Ein bestimmter, abgegrenzter Platz für das Materiallager während der Bauphase schont die restlichen Flächen. Der humose Oberboden ist wertvoll und sollte extra gelagert und geschützt werden. Wenn sich nicht rasch Wildkräuter ansiedeln, ist eine Gründünung gefragt. Bienenfreund (Phacelia) beispielsweise bedeckt den Boden und bringt gleichzeitig Nährstoffe ein. 

Tierfreundlich. Verschiedene Wildtiere nützen Bauwerke als Nistplätze und Lebensraum. Oft kann man ohne viel Aufwand Nistplätze erhalten oder Alternativen anbieten, etwa Scheunen offen halten, Einflugöffnungen unter dem Dach ermöglichen und Nistkästen anbringen. Hecken aus heimischen Gehölzen sind besser als dichte Zäune: Sie bieten Unterschlupf, Nahrung und Nistmöglichkeiten. Und Tiere wie der Igel, Feuersalamander und Co können so barrierefrei von einem Garten in den nächsten wechseln. Haus und Garten bilden im besten Fall auch hinsichtlich nachhaltiger Gestaltung eine Einheit.

 
Text: Mein Umwelt Beitrag


Tipps zum klimafitten Bauen

  • Standort ist wichtig: Das beste Passivhaus wird zur Energieschleuder, wenn es entlegen steht und täglich viele Autokilometer zurückgelegt werden müssen. Eine gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln schont Umwelt und Geldbörse.
  • Sanierung alter Häuser ist sinnvoll: Wer ein altes Haus thermisch saniert, anstatt ein neues zu bauen, spart wertvolle Rohstoffe.
  • Reihenfolge beachten: Zuerst dämmen, dann erst die Heizung tauschen – sie kann nach dem Dämmen kleiner dimensioniert werden.
  • Mehr Grün: Es wird mit Sicherheit heißer. Planen Sie daher möglichst viele Pflanzen ein. Grüne Fassaden, Dachbegrüngen und große Bäume regulieren die Temperaturen.
  • Möglichst wenig Fläche versiegeln: Beton, versiegelte Terrassenböden und Wege erhitzen die Luft, jede Fläche die unversiegelt bleibt, ist ein Beitrag zum Bodenschutz.
  • Strom aus erneuerbaren Energieträgern: Es ist nicht egal, woher Sie Ihren Strom beziehen. Ökostromanbieter verkaufen Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Über PV Anlagen lässt sich Strom auch selbst produzieren.

 
 

Innovationsnetzwerk „natuREbuilt“

Nachhaltigkeit liegt voll im Trend und dementsprechend groß ist auch das Interesse an ökologischen Baustoffen. Trotzdem kommen sie gerade im großvolumigen Neubau und bei Sanierungen noch selten zum Einsatz. Die Gründe sind vielfältig: Informationsdefizite, Unsicherheiten bei Langlebigkeit, Kosten u. v. m. Im Innovationsnetzwerk „natuREbuilt“ des ecoplus Bau.Energie.Umwelt Cluster NÖ haben sich Expertinnen und Experten aus Forschung, Planung und der Bauwirtschaft zusammengeschlossen, um ökologisches Bauen zu vereinfachen. Dafür werden die Erfahrungen aller Projektpartner zu Baumateria-

lien aus nachwachsenden Rohstoffen gesammelt. Durch die Entwicklung innovativer Materialkombinationen und die bautechnische Prüfung unterschiedlicher Konstruktionen wird neues Detailwissen generiert, dass schlussendlich der gesamten Baubranche zur Verfügung stehen soll.

Clusterland Award. „natuREbuilt“ ging dafür 2022 als Sieger der höchsten Auszeichnung für überbetriebliche Wirtschaftskooperationen in Niederösterreich hervor.

 

 

NÖ Wohnbauförderung

Um ein Darlehen des Landes Niederösterreich erhalten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Dabei ist unter anderem auf eine umweltschonende und energieeffiziente Bauweise zu achten. Diese sorgt nicht nur für niedrige laufende Kosten, sondern steigert auch den Wert des Eigenheimes. 

Infos: noe-wohnbau.at, NÖ Wohnbauhotline: 02742/22133

 

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